Ablauf des Bußgeldverfahrens
Der Ablauf des Bußgeldverfahrens ist grundsätzlich der gleiche wie beim zu schnelle fahren. Dennoch möchten wir Ihnen nochmals als Rat zur Seite geben, dass Sie auf einen Anhörungsbogen grundsätzlich besser nicht ohne anwaltlichen Rat reagieren sollten.
Häufig wird durch das Rücksendung eines Anhörungsbogens oder eines Beschuldigtenbogens schon gute Möglichkeiten der Verteidigung abgeschnitten. Daher empfehlen wir nicht ohne anwaltlichen Rat etwas zu unternehmen. Nehmen Sie am besten Kontakt mit uns auf.
Wie erkenne ich im Anhörungsbogen, welcher Rotlichtverstoß mir vorgeworfen wird
Im Anhörungsbogen wird die Nummer genannt, bezüglich die Ermittlungen vorgenommen werden. Aufgrund dessen können Sie darüber eine genauen Rückschluss auf die zu erwartende Strafe ziehen.
Fahrzeughaltereigenschaft ist keine Täterschaft
a. Angaben in einem Anhörungsbogen bzw. Zeugenbefragungsbogen
Ein wichtiger Punkt, wie bei Rotlichtverstößen verteidigt werden kann, ist das Bestreiten der Täterschaft. So hat der BGH entschieden:
„Daraus, dass der Halter die Einlassung zur Sache verweigert oder sich darauf beschränkt, seine Täterschaft zu bestreiten, dürfen keine ihm nachteiligen Schlüsse gezogen werden. (BGHst 20,281)“
So sollte auch vermieden werden ein etwaiges Zeugnisverweigerungsrecht anzugeben, da hieraus gerade negative Schlüsse gezogen werden können.
b. Täterschaftsnachweis mittels aufgezeichnetem Bild
Die Bußgeldbehörden versuchen meist einen Tatnachweis mittels des aufgezeichneten Bildes zu führen. Diese Bilder sind jedoch oft von sehr schlechter Qualität, so dass hierrüber nicht 100 % ein Tatnachweis geführt werden kann. Auch im Bußgeldverfahren gilt hier der Grundsatz „in dubio pro reo – im Zweifel für den Angeklagten“.
Bestehen Zweifel an der Nachweis der Täterschaft ist also regelmäßig von dem Vorwurf freizusprechen.
c. Überprüfung der Tatrichterlichen Feststellungen
Wir sind auch geübt darin die Tatrichterliche Feststellung von anderen urteilen zu überprüfen und gegeben falls im Zuge der Berufung anzugreifen. Grundsätzlich hat der Tatrichter zwei Möglichkeiten im Urteil klarzustellen, warum dieser zur Überzeugung gekommen ist, dass es sich auf dem Beweisfoto um des Fahrzeugführer gehandelt hat.
aa. Einbeziehung in das Urteil durch Verweisung
Nimmt der Amtsrichter auf das in der Akte befindliche Foto Bezug, sind darüber hinausgehende Ausführungen zur Beschreibung des abgebildeten Fahrzeugführers nicht notwendig. Es reicht aus, wenn er im Urteil nur mitteilt, dass es sich bei dem Foto um ein nach Aufnahmeort und Aufnahmezeitzeit genau bezeichnetes Radarfoto handelt. Ebenfalls muss der Tatrichter jedoch beschreiben, ob darauf das Gesicht einer männlichen oder weiblichen Person zu erkennen ist.
Hierbei muss der Tatrichter zunächst erklären, warum das Foto geeignet ist, eine Personenidentifizierung durchzuführen. Dies ist insbesondere zu erklären, wenn das Foto unscharf ist, oder einzelne Gesichtspartien verdeckt sind. Dann ist eine erhöhte Begründung im Urteil von Nöten, anderenfalls kann dieses angegriffen werden.
bb. Verweist der Tatrichter nicht, so ist ein erhöhter Begründungsaufwand des Tatrichters erforderlich
Wird in den Urteilsgründen nicht auf das Beweisfoto verwiesen, besteht für den Tatrichter ein erhöhter Begründungsaufwand.
Dem Rechtsmittelgericht steht das Beweismittel des Fahrerfotos aufgrund fehlender Einbeziehung in das Urteil grundsätzlich nicht zur Verfügung. Hiernach muss der Tatrichter also beschreiben, warum das Foto geeignet ist eine genaue Identifizierung vorzunehmen. Es muss somit beschrieben werden, warum die Bildqualität es zulässt eine Person zu erkennen.
Nach dem OLG Hamm reicht hierfür noch folgende Aussage aus:
„Auf dem Originallichtbild in DIN A-5-Vergrößerung ist der Betroffene aber hinreichend klar zu identifizieren“ (OLG Hamm VA 3/2000, 31)
Hieraus könne man auf die Bildqualität schließen.
Ebenfalls muss der Tatrichter nicht nur das Ergebnis seiner Überzeugungsbildung mitteilen, es ist auch erforderlich, dass dieser die Gründe für seine Überzeugungsbildung mitteilt. Also sprich die charakteristischen Merkmale, welche zu einer Identifizierung geeignet waren.
Neben dem bestreiten der Täterschaft gibt es jedoch eine Vielzahl von weiteren Angriffspunkten. Hierbei kommt es jedoch auf das Eingesetzte Messverfahren an, und wie der Rotlichtverstoß begangen wurde.
Messverfahren und Messfehler
Grundsätzlich wird eine Vielzahl von Messverfahren eingesetzt. Nachfolgen möchten wir einen Überblick über die gängigsten Messfehler geben
a. Rotlichtüberwachung durch einen Polizeibeamten
b. Rotlichtüberwachung durch technische Geräte
Häufige Fehlerquellen sind:
– vorgeschriebenen Testmessungen erfolgten nicht bzw. wurden nicht auf dem Negativfilm dokumentiert
– die Ampelanlage funktionierten nicht ordnungsgemäß (Ausfall einer Birne)
– die vorgeschriebene Gelbphase der Ampel (mindestens 3 Sekunden) wurde nicht eingehalten
– Wurde das Messgerät ordnungsgemäß geeicht
– Sind die Personen an dem Messgerät ordnungsgemäß geschult gewesen
– Befindet sich das Fahrzeug des Betroffenen auf dem zweiten Beweisfoto nicht in der logischen Fotoposition
– Kann ein anderes Fahrzeug gemessen worden sein
– die Dateneinblendungen auf dem Beweisfoto sind widersprüchlich
Ermittlung der Rotlichtzeit
Ebenfalls kann bei einem qualifizierten Rotlichtverstoß mit einer Rotdauer über 1 Sekunde durch eine genaue Rückrechnung auf das Überfahren der Haltelinie auch noch entscheidende Sekunden zurückgerechnet werden. Diese Sekunden können häufig über ein Fahrverbot oder kein Fahrverbot entscheiden. Die Messung der Überfahrung der Haltelinie wird in der Regel ca. 1 bis 2 Meter hinter der Haltelinie vorgenommen. Hierdurch gibt es jedoch eine zeitliche Fehlmessung. Dies kann zu einer Verminderung der Rotlichtzeit um 0,3 bis 05, bei sehr langsamer Fahrt führen. Was in Grenzfällen der Unterschied zwischen einfachem zu einem qualifizierten Rotlichtverstoß ausmachen kann. Ein geübter Rechtsanwalt für Verkehrsrecht wird erkennen, wann eine solche Überprüfung Aussicht auf Erfolg hat.
Absehen von der Verhängung eines Fahrverbots
Oft wird von Mandanten berichtet, dass insbesondere das Fahrverbot die härtere Strafe ist. Hier gibt es ebenfalls die Möglichkeit ein entsprechendes Fahrverbot zu umgehen. Ein Fahrverbot kann umgangen werden, wenn ein sogenannter atypischer Fall vorliegt, oder aber in Ausnahmefällen ein Grund des §4 Abs. 4 BKatV vorliegt. Bei einem Grund des §4 abs.4 BKatV wird dann jedoch die Geldstrafe angemessen erhöht. Gründe für den §4 Abs. 4 BKatV sind insbesondere, wenn Sie beruflich auf Ihren Führerschein angewiesen sind.
Atypische Rotlichtverstöße
Von einem atypischen Rotlichtverstoß spricht man, wenn besondere Gründe vorliegen, welche einen qualifizierten Rotlichtverstoß ausscheiden lassen. Gründe hierfür können sein:
– Abbiegen
Beim Verwechseln der Ampel für Geradeaus und dem Abbiegeverkehr kann zum Absehen von einem Fahrverbot führen
– Adressensuche
Bei einer Adressensuche kann von einem Fahrverbot abgesehen werden.
– Anhalteschwierigkeiten
z.B. bei einer spiegelglatten Fahrbahn, kann von einem Fahrverbot abgesehen werden
– Baustellenampel
Bei einem Verstoß ohne dass die Gefahr einer Gefährdung des Gegenverkehrs bestand.
– Busspur
Beim Durchfahren eines Dauerrotlichtes, was nur vom Busfahrer umgeschulten werden kann
– Dauerrotlicht
Bei irriger Annahme eines Dauerrotlichtes ca. 3 minütiges Warten mit Animierung zur Weiterfahrt kann dazu führen, dass vom Fahrverbot abgesehen wird.
– Frühstart
Wenn bei einem Frühstart es nicht zur Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer kommen konnte.
– Fußgängerampel
Beim sehr langsamen Überfahren einer Fußgängerampel nachts mit Schrittgeschwindigkeit ohne dass die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer geschehen kann.
– Mitzieheffekt
etc…
Was müssen Sie bei einem Rotlichtverstoß erwarten:
Tatbestand | Nr. des Bußgeldkatalog | Euro | Punkte | Monat(e) Fahrverbot |
Ampel bei “Rot” überfahren | 132 | 90 | 1 | |
Ampel bei “Rot” überfahren | ||||
| 132.1 | 200 | 2 | 1 |
| 132.2 | 240 | 2 | 1 |
Ampel bei schon länger als 1 sec. leuchtendem “Rot” überfahren | 132.3 | 200 | 2 | 1 |
Ampel bei schon länger als 1 sec. leuchtendem “Rot” überfahren | ||||
| 132.3.1 | 320 | 2 | 1 |
| 132.3.2 | 360 | 2 | 1 |